Dienstag, 7. Juni 2011

Hunde brauchen klare Grenzen. Gesetze einer Freundschaft

von Michael Grewe


Erziehung hat mit Beziehung zu tun, nicht mit Anleitungen. MIt Persönlichkeit anstelle starrer Vorgaben.Mit Herz und mit Seele und mit der Freude aneinander. Kurzum, es geht um Freundschaft.

Veränderung der Haltungsbedingunen

(...) Aber nicht nur die Haltungsbedinungen auch unsere Gefühle sind andere. Ein ausschließlich draußen gehaltener Hund ist unserem heutigem Empfinden nach ein armer Hund, den es zu bedauern gilt. Der arme erl, bei jedem Wetter! Der sehnt sich doch nach dem Wohnzimmerteppich, nach den in regelmäßigen Abständen verabreichten Zwischenmahlzeiten in Krokettenform, nach seiner Familie.Der ist einsam und traurig. Wir bestehen selbst dann auf diese Gefühle, wenn der Hund einen zufriedenen Eindruck macht, nicht vor Kälte zittert und seiner Familie offenbar sehr zu getan ist. Umgekehrt sehen wir in einem im Haus gehaltenen Hund automatisch auch einen glücklichen Hund. Dem mangelt es an nichts, der ist wohlbehütet, dem geht es gut.

Hunde sind Opportunisten- und das ist gut so

Hunde sind Opportunisten. Hunde sind Schleimer. Natürlich nicht alle, und ganz besonders nicht der eigene. Kann ja gar nicht sein, so treu wie der guckt!
Kann gar nicht sein? Vielleicht doch?
Legen wir die sozialen Strukturen von Menschen und Hunden übereinander, entdecken wir verblüffende Übereinstimmungen.
Es ist eben dieser Opportunismus, der es dem Hund über Jahre ermöglicht hat, in die Häuser der Menschen einzuziehen. Dort angekommen, ist es ihm gelungen, noch einen Schritt weiter zu gehen: Er hat unsere Sofas und Betten erobert. Er hat es geschafft nicht mehr arbeiten zu müssen. Stattdessen liegt er den ganzen tag faul auf dem Kanapee ausgestreckt und wartet darauf, dass sein von der Arbeit erschöpfter Mensch nach Hause zurückkehrt, um sich um ihn zu kümmern. Es ist ihm gelungen, nur zum besten und damit meist auch teuersten Tierarzt der Stadt zu gehen. Er bekommt zwar kein optimales, dafür aber ein sündhaft teures Futter.
Um ihn darüber hinaus  noch zusätzlich zu erfreuen, besuchen wir mit ihm gemeinsam professionelle und ebenfalls teure Einrichtungen, wo man es wirklich gut mit ihm meint. Diesen Luxus, den leisten wir uns.
Da sparen wir lieber woanders, essen im Schnellimbiss und schauen TC-Konserven statt uns eine richtige Oper live anzuhören. Verdrehte Welt!
Für diesen sozialen Auftsieg beim Menschen muss der Hund nicht viel tun. Was aber könnte denn das Wenige wohl sein? Richtig!
Er muss gelegentlich mal andeuten, dass er uns liebt und dass wir gebraucht werden.
Wir kommen abends von der Arbeit nach Hause und unser Hund freut sich, als hätte er uns jahre nicht gesehen. Eins chönes Gefühl. Meine Frau und meine Kinder kommen bei meiner Rückkehr nicht mit solch unbändiger Wiedersehensfreude an die Tür gelaufen. Schade eigentlich.
(...)
Verlasse ich das Haus, bedeutet mir mein Hund, dass jetzt für ihn eine ganz schreckliche Zeit anbricht und er wirklich nicht weiß, wie er die paar Stunden ohne mich überleben soll. Meine Frau und meine Kinder dagegen kommentieren mein Gehen lediglich mit einem lapidaren Räuspern. Wie gut das es Hunde gibt!
(...)
Fragen sie ihn, ob er sich opportunistisch verhalten hat, oder ob ihn hehre Ziele und philosophische Werke dazu angetrieben haben, mir immer wieder aufs neue zu versichern, dass er mich liebt.
Könnten Hunde wie Menschen denken, erschiene jetzt eine Sprechblase über ihrem Kopf. Darin zwei Worte: Mist! Durschaut!
Stellen sie sich vor sie hätten eine große Firma und sie beschäftigen viele Leute. Morgens begrüßen sie ihre Angestellen mit einem übermäßig freundlichen Lächeln. Auch wenn sie ihnen später im Laufe des Tages begegnen, werden sie angelächelt. Einige ihrer Angstellten suchen ganz bewusst ihre Nähe und scheinen darauf zu hoffen, dass ihnen der Radiergummi auf den Boden fällt. Fällt er tatsächlich, sind sie mit einem Satz zur Stelle, um ihn aufzuheben."Käffchen, Chef?" tönt es aus der Küche, und wenn sie die Tasse selber tragen möchten, wird ihnen lächelnd versichert, man bringe sie schon, keine Ursache.Ein armer Chef, der jetzt denkt, seine Angestellten würden ihn lieben. sie lächeln für mehr Geld, einen besseren Posten, oder einfach nur, weil sie gleich fragen werden, ob sie nachher etwas früher gehen dürfen. Sie schleimen, oder vornehmer ausgedrückt: Sie verhalten sich opportun.
(...) Die Parallelen zwischen Hund und Mensch liegen auf der Hand.(...)
Beide sind egoistisch motiviert und wollen so viel raum wie möglich im gemeinsamen Leben einnehmen. Um ihre egoistischen Ziele zu erreichen, gehen sie strategisch vor.

(...) sie kenne doch sicherlich kleine Mädchen, die mir schräg gehaltenem Kopf zu einem aufschauen, dabei die Hände vor dem Körper verschräncken und den Oberkörper kokett hin- und herdrehen?. ist das nicht wirklich süß? Und schmelzen sie nicht sofort dahin? Bekommt die kleine dann nichta uch , was sie von ihnen möchte? Als sie zum ersten Mal so zu Erwachsenen aufschaute, war es einfach nur süß. Ihr selbst allerdings war das kein bißchen bewusst, wie süß sie war. Beim zweiten Mal hat sie bereits etwas dazugelernt - genau wie unser kleiner Welpe. Wenn der Mensch in hoher Tonlage quietchende begeisterungslaute von sich gibt und dabei noch leckerlies vom Himmel fallen - wird er sich dann nicht sobald wie möglich erneut so verhalten?
Warum schauen kleien Kinder und kleine Hunde häufig mit schräg gehaltenem Kopf zu uns auf? Weil sie uns so perspektivisch besser erfassen können, nämlich als einen menschen mit zwei armen und zwei beinen und einem kopf. Noch sind ihre Sinnesleistungen nicht vollständig entwickelt.(...) es ist also eher eine physiologische Frage.


Hunde wissen nicht nur, wie sie etwas bekommen, sie loten auch ganz gerne ihre Grenzen aus. Häufig aber erfahren besonders kleine Hunde keine Grenzen - oder nur solche, die man mit wenig Mühe überschreiten kann.
(...)
Eindeutig heißt, dass Reden und Handeln deckungsgleich sind und nicht etwa sich wiedersprechende Signale aussenden.
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Ernst gemeint, heißt genau das: ernst. Also ruhig und bestimmt - und nicht wütend und keifend.
(...)
Soziale Exploration- wer bin ich, wie weit kann ich gehen, wo sind meine Grenzen, ab wann verletze ich die Grenzen anderer -  geht immer auch mit Reibung einher. Einverständnis und Harmonie fallen nicht vom Himmel, sondern sind häufig nur mittels einer Auseinandersetzung überhaupt erst zu erreichen. Kompromisse müssen gefunden werden, Interessen werden abgeglichen. Das hat nicht selten etwas mit zurückstecken zu tun und damit, etwas auch mal nicht zu bekommen.(...)
Anstatt das Bedürfnis des Explorierens, ob nun von Kindern oder von Hunden, zu ignorieren oder bereits im Vorfeld zu neutralisieren, sollten wir uns als Eltern oder als Hundehalter gerade auf diese Zeit freuen. Hier setzen wir uns unmittelbar zu unserem gegenüber in Bezug- also in Beziehung. Hier gilt es, Persönlichkeit zu zeigen und sich seinem gegenüber erkenntlich zu machen. Hier können wir alls das, was eine gute Beziehung ausmacht, in die tat umsetzen: Liebe, Verantwortung, Fürsorge, Verständnis.
(...)
Wenn ich aktiv die Erziehung meines Hundes gestalten möchte, muss ich nicht nur handlungsfähig sein wollen- ich muss handlungsfähig sein. Aber nicht rigide, nicht nach Rezepten udn Anweisungen, sondern aus Lust am Leben. Als Partner, als Reibungspunkt, als ernstzunehmender Gegenüber (...)

Doch einen Konflikt anzunehmen und die gestellte Frage auf souveräne Art und Weise deutlich, also verständlich, zu beantworten - dafür gibt es weder eine Methode noch ein geeignetes Hilfsmittel. Keine Schritt-für-Schritt-Anleitung, kein Klicker, kein Ball, kein Würstchen. Nur sie und ihr Hund und eine Frage im Raum. Wenn SIE, und nicht der Klicker, der Ball oder das Würstchen, Ihrem Hund die von ihm gestellte Frage beantworten, entsteht das, wonach sich alle sehnen, nämlich Bindung. (...)
Indem der Hundehalter seinem Hund einen festen, verbindlichen Rahmen bietet und diesen in eienr Art und Weise vermittelt, die vom Hund verstanden werden kann, bietet der Halter seinem Hund Sicherheit. Sicherheit wiederum-  und nicht der appetitanregende Duft der Salamischeibe- ermöglicht den Hund eine Orientierung am Menschen. Vom sichvergewissernden Blick zurück üder das ertragen zeitlich begrenzter Trennung bis hin zur Abrufbarkeit im Freilauf trotz Ablenkung - all das setzt voraus, dass der Hund sich an seinem halter orientiert, ihm vertraut und sich folglich gut aufgehoben bei ihm fühlt. Es setzt also Beziehung voraus.(...)

Unsere Hunde aber sollten etwas ganz anderes lernen, nämlich wie man sich in unserer welt sozial angemessen verhält. Dazu gehören unter anderem auch kleine konditionierte Kunststückchen, doch das vorrangige und übergeordnete Ziel ist ein angemessenes Sozialverhalten: Verträglichkeit mit mensch und anderen Hunden, Ausgeglichenheit, Umweltsicherheit, Frustrationstoleranz. Diese Ziele haben mit einem Kunststück nichts zu tun- sie haben mit uns zu tun.
(...)

Was sie allerdings nicht durch das Klickertraining erreichen können ist soziale Kompetenz. Soziale Kompetenz ist das Ergebnis sozialer Reibung und Auseinandersetzung und keine konditionierte Reizbeantwortung.(...)
Es kann und darf nichts ein, dass auf Seiten der Hundehalter derart wenig Einfühlungsvermögen den Befindlichkeiten anderer Menschen gegenüber spürbar ist, und stattdessen erbarmungslos "gewaltfreie Erzihungskonzepte" zum scheinbaren Wohle des Hundes praktiziert werden. Diese Einstellung, die Freiheit des Hundes zu eigen,ächtigen Handeln höher zu bewerten, als die unmittelbare Angst eines Menschen ist krank-  so krass muss das einmal gesagt werden.(...)
Denn klare Regeln sind nicht gleichbedeutend mit starren Regeln.(...)
Zum Chef wird man nicht, in dem man klare regeln aufstellt. Vielmehr ist es genau umgekehrt, weil man Chef ist, kann man klare Regeln aufstellen.

in diesem Sinne, liegen meine Hunde und ich ( da krank), einfach nur doof rum. Die armen!!!

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